Sonntag, 24. Februar 2013
Viele Fehler beider Seiten
Momentan wird mein Schachdenken von Spiel zu Spiel oberflächlicher, dafür werden die Ergebnisse immer besser. Das liegt auch daran, dass meine Gegner immer neue Möglichkeiten finden, am für sie glücklichen Ende vorbeizugehen.
Das folgende Beispiel zeigt aber auch, dass die Komplexität, die sich bei Schwerfigurenendspielen DT vs. DT ergibt, für den Menschen schwer erfassen lässt.

Hier liegt eine Stellung vor, die sich noch in etwa im Gleichgewicht befindet. Ich hatte mich schon ein paar Mal glücklicherweise ohne schlimmere Folgen verrechnet. Mein sympathischer Lehrter Gegner hat gerade 24.-Te6 gespielt. Nach 25.Dd3 hätte ich vielleicht winzige Initiative gehabt.
25.Td4?
Übersieht völlig den folgenden Zug, der einen Bauern für Schwarz gewinnt.
25.-Tc6 26.Dd2 Txc1+?! Sofort 26.-Lxf5 ist noch stärker, wenn ich tausche, repariere ich noch seine Bauernstellung. 27.Dxc1 Lxf5 28.gxf5 Dxf5

Vielleicht ist das noch nicht verloren für Weiß, aber die Trümpfe liegen in der Hand des Schwarzen. Der Mehrbauer ist zwar ein Isolani, aber die weiße Königstellung gibt auch Anlass zur Sorge.
29.Dd1?! Der zweitbeste Zug. 29.Dc5 wäre tatsächlich gegangen. Ich habe 29.-Tc8 befürchtet, aber der schwarze Angriff schlägt nicht durch. Ich hatte übersehen, dass die weiße Dame von d5 aus h1 deckt.
29.-Td8 30.Tf4 De6

Langsam zeichnete sich ab, dass der Ausgang meiner Partie keine Bedeutung für den Mannschaftskampf mehr haben dürfte. Hier kam durchaus in Betracht, einfach nichts zu unternehmen und zu schauen, wie mein Gegner gedenkt, Fortschritte zu machen. Hinterher zeigte er mir seinen Plan, nämlich Td6 nebst Dg6+ und auf Tg4 Dxg4 nebst Tg6 und Bauerndendspiel mit Doppelmehrbauern.
Es gab aber noch einen guten Grund, Aktivität zu suchen: Mein Gegner hatte nur noch 4 Minuten auf der Uhr.
31.Dd4 Td6 Die Flexibilität des schwarzen Turms auf der sechsten Reihe hatte ich ziemlich unterschätzt. Beim jetzt folgenden Zug war ich mir nicht sicher, ob er widerlegbar ist, aber das Risiko wollte ich aufgrund der knappen Zeit meines Gegners eingehen, zumal bei der Materialkonstellation oftmals viele Fehler passieren.
32.Dxa7?
Das ist widerlegbar und es ist gar nicht so furchtbar schwer.
32.-Dg6+ 33.Kf1 Alles andere scheitert ziemlich trivial.

33.-Dd3+? 34.Ke1? Tc6?
Was war passiert? Schwarz konnte im 33. Zug mit 33.-Db1+ 34.Ke2 Dc2+ 35.Ke1 Th6 gewinnen. Ich hätte mich im 34. mit 34.Kg2 am seidenen Faden hängend halten können und im 34. lässt mein Gegner Th6 erneut aus. 34.-Tc6 droht ja auch Matt, aber die offene h-Linie stört Schwarz gewaltig. Jetzt habe ich wieder ein Remis so gut wie sicher.
35.Db8+ Kh7 36.Th4+

36.-Kg6?!
Schwarz will unbedingt die Konstellation gegen meinen König aufrecht erhalten, begibt sich aber freiwillig selbst an den seidenen Faden. Ob das mit so wenig Zeit so klug ist? 36.-Th6 sieht nach Friedenspfeife aus.
37.Dg3+ Kf6 38.Tf4+
Hier gehe ich wieder Risiko, wohl wissend, dass ich nicht im Entferntesten in der Lage bin, die Folgen abzusehen. Sicherer wäre etwas wie Df3+ nebst Dd1.

38.-Ke7
Auch mein Gegner hat Lust zu zocken und vermeidet 38.-Ke6 39.Dg4+ Kd6 40.Dd1=.
Hier hat er schon deutlich unter einer Minute auf der Uhr.
39.Dg5+ Ke8
Noch sieben Sekunden!
40.De5+

40.-Kf8?
Im vierzigsten Zug greift mein Gegner fehl. Dabei hätte ich nach dem richtigen 40.-Kd8 genau spielen müssen und nach 41.Db8+ Tc8 42.Dd6+ Ke8 nicht auf 43.De5? verfallen (43.-Kf8 44.Da1 Tc2 45.Dd1 Dc3+ 46.Kf1 Tc1-+), sondern das genaue 43.Da3 spielen müssen.
41.Db8+ Ke7

Was nun? 42.Txf7+ führt zu einem Damenendspiel mit Mehrbauern, das eventuell gewonnen ist. Aber der andere Zug sieht auch sehr verlockend aus.
42.Dxb7+?!
Interessanterweise gibt es jetzt wieder einen sehr schmalen Pfad der schwarzen Rettung. Praktisch keine schlechte Wahl, aber objektiv gesehen ist das falsch.
42.-Kd6 43.Db8+ Ke6 44.De8+ Kd6 45.Df8+

Aufgabe für die Leser: Mit welchem Zug hält sich Schwarz hier?
45.-Kc7? 46.Txf7+ Kb6 47.Db4+ 1-0

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